Wie gelingt fast forward bei der Transformations­finanzierung?

Deutschlands Verpflichtung zur Klimaneutralität bedeutet Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur der unterschiedlichen Wirtschaftszweige. Doch wer kann was leisten, um diese Investitionen zu stemmen? Auf dem OWF 2024 diskutierten Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik sowie Förder- und Geschäftsbanken wesentliche Ideen zur Finanzierung der klimaneutralen Transformation. Ein Gastbeitrag der Sächsischen Aufbaubank – Förderbank –

Wer auf einer Fernbedienung auf fast forward drückt, der will vorspulen und die Zukunft sehen. Deutschland hat sich auf internationaler und nationaler Ebene zu einer klimaneutralen Zukunft verpflichtet. Gleichzeitig soll sie von Energieunabhängigkeit und somit von Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts geprägt sein. Doch ein einfaches Vorspulen zu dieser Zukunft ist nicht möglich. Zumal, so Philipp Mehne, Gastgeber des Ostdeutschen Wirtschaftsforums, die Transformationsdynamik im Spannungsfeld mit der gesellschaftlichen Bereitschaft steht, das nötige Tempo auch mitzutragen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck deutete fast forward als ein in der Spur bleiben, schneller laufen und dranbleiben am eingeschlagenen Kurs der Energiewende.

Welche Finanzierungen sind für die klimaneutrale Transformation notwendig?

Laut KfW-Chefvolkwirtin Fritzi Köhler-Geib sind bis 2045 rund fünf Billionen Euro gesamtwirtschaftliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität nötig. Verteilt auf die verbleibende Zeit braucht es jährlich ca. 190 Milliarden Euro an Klimaschutzinvestitionen in Energiewirtschaft, Industrie und Verkehrssektor, um nur die größten zu nennen. Trotz gestiegener Investitionsanstrengungen klafft hier zuletzt 2022 eine Lücke von ca. Milliarden Euro. Gemessen an diesen immensen Investitionsbedarfen wächst das Bewusstsein der Dringlichkeit dieser zeitkritischen Herausforderung unter den beteiligten Akteuren langsam und nicht in dem erforderlichen Tempo und Ausmaß.

Was sind übergreifende Gelingensbedingungen zur Finanzierung?

  • Schnelles und abgestimmtes Handeln aller Akteure, da die meisten Klimaschutzinvestitionen in „Hardware“ erfolgen und Zeit zur Umsetzung brauchen. Planung, Umrüsten und das Bauen von Anlagen, Netzen oder Kraftwerken dauern.
  • Eine massive Mobilisierung privaten Kapitals kann die Transformation beschleunigen. Z. B. durch regulatorische Anpassungen und kluge Finanzierungsinstrumente und / oder Anreize zur Verbesserung von Risiko-Rendite-Profilen von risikoreicheren Technologieprojekten für Unternehmen und institutionelle Anleger. Die Weiterentwicklung des europäischen Kapitalmarkts mit einer besseren Zugänglichkeit für Unternehmen ist nötig, um die das verfügbare Investitionskapital zu erhöhen.
  • Verbindliche, standardisierte und wirksame Rahmenbedingungen, sei es Entbürokratisierung durch eine vereinfachte und über Bund und Länder abgestimmte Förderlandschaft mit Wirksamkeitsmessung oder standardisierte Kriterien für nachhaltige Darlehen und Förderprodukte.

Welche Lösungsansätze gibt es zur Finanzierung in den Wirtschaftssektoren?

Start-ups

  • Es sind die Vielfalt und das Angebot an Risikofinanzierungen weiter zu verbessern. U.a. durch die Weiterentwicklung der Finanzierungsquellen für Start-ups jenseits von Eigenkapital und „Risikokrediten“. Dazu kann die Förderung privater Fund-of-Funds und privater Fremdkapitalfonds mit Start-ups-Fokus sowie die Entwicklung von Co-Finanzierungsprogrammen für Business Angels mit Hardware-Fokus beitragen.
  • Eine öffentliche Risikoabsicherung für innovative Technologien kann die Brücke zwischen Wagniskapital und Projektfinanzierung bilden.
  • Neue Fondstrukturen (öffentlich/privat) mit Eigen- und Fremdkapitalkomponente können gezielte Investments in Klimatechnologien ermöglichen. Blending Mechanismen erhöhen die Attraktivität von Risiko-Rendite Profilen und verringern Kapitalkosten für Start-Ups.

Kommunale Versorger – Stadtwerke

  • Transparente Kommunikation unter allen Beteiligten. Bund, Länder und Kommunen müssen als zentrale Rahmengeber Verantwortung übernehmen und die Regularien u.a. bei Kommunalaufsicht, Verschuldung und Förderungen an die neuen Anforderungen anpassen. Die Investitionserfordernisse der kommenden Jahre sind in den jeweiligen Haushalten angemessen zu berücksichtigen.
  • Kooperation und Verbundenheit zwischen Stadtwerken und Kommunen B. insbesondere für kleinere Versorger durch Verbundstrukturen schaffen, um die Investitionserfordernisse und notwendige Eigenkapitalstärkung durch Risikoteilung zu erreichen.
  • Erleichterung für zweckgebundene kommunale Kreditaufnahmen schaffen. Die Einbindung der Kommunen als Gesellschafter von Infrastrukturunternehmen bei der Finanzierung der Investitionen ermöglicht Zugang zu langfristig günstigen Finanzierungen und verbesserten Kreditkonditionen durch Banken, Sparkassen und Förderbanken.
  • Intelligente Finanzierungsinstrumente ausbauen. Insbesondere die Kreditinstrumente von Banken, Sparkassen und Förderbanken bieten Chancen. Diese Refinanzierung von Investitionsprojekten im Hausbankenverfahren durch die Förderbanken ist geeignet, bestehende Fremdfinanzierungsoptionen (klassischer Bankkredit, Schuldscheindarlehen, Anleihen, private placement) durch eine anteilige Risikoübernahme der Förderbanken zu ergänzen. Das Eigenkapital der Stadtwerke kann zudem durch Eigenkapitalerhöhung durch die Gesellschafter, Rückabsicherungen, Nachrang-/ Mezzanine-Darlehen sowie Eigenkapitalbeteiligungen z.B. durch einen staatlich unterstützten Beteiligungsfonds, Investitionsgesellschaften, zweckgebundene Sondervermögen oder z. B. Finanzierungen mit einem staatlich abgesicherten anteiligen first loss piece gestärkt werden. Die Gewährung öffentlicher Bürgschaften kann zur Absicherung von Krediten als auch bankseitigen Eigenkapitalprodukten dienen.

Mittelstand – KMU

  • Der Mittelstand ist zu entlasten durch vereinfachte Nachweispflichten bei Finanzierung und Förderung, geringere proportionale Anforderungen für kleine Unternehmen.
  • Transparenz und einheitliche Standards in der Mittelstandsförderung kann durch die stärkere Verzahnung der Förderangebote auf Bundes- und Länderebene, einheitliche Datenhaushalte, national standardisierte Nachhaltigkeitsanforderungen und eine effektive Wirkungsmessung der eingesetzten Mittel verbessert werden.
  • Notwendige private Gelder können durch Garantien, Bürgschaften sowie einen Transformationsfonds und / oder Transformationsbürgschaften für den Mittelstand angereizt werden. Die hierzu notwendigen Gelder können durch eine Überprüfung / Anpassung der aktuellen Förderprogramme von Bund und Ländern, die Identifizierung von Überschneidungen und deren Wirkung in Richtung Nachhaltigkeit sowie den Einsatz von haushaltsschonenden Förderdarlehen statt verlorenen Zuschüssen generiert werden. Zudem bieten Kreditinstitute Transformationskredite an, um die umfangreichen Investitionen zu begleiten.

Das OWF ist und bleibt Drehscheibe und Dialograum für die Verständigung zu den gemeinsamen Herausforderungen und Lösungsansätzen zur Finanzierung der notwendigen Klimaschutzinvestitionen. Die Sicherung von Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Bundesländer motiviert, gemeinsam am Ball zu bleiben.

Wir danken der Sächsischen Aufbaubank – Förderbank – für diesen Gastbeitrag!

Ansprechpartner:

David Brähler
Sächsische Aufbaubank – Förderbank –
E-Mail: david.braehler@sab.sachsen.de
Tel.: 0341 70292 4021

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